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Tüll. Ein transparentes, luftiges, netzartiges Gewebe, das auf den ersten Blick überhaupt nicht erahnen lässt, was in ihm steckt und aus ihm herauszuholen ist. Man denkt an Fliegengitter und Moskitonetze, die dafür sorgen, dass ein Traum nicht zum Alptraum wird und unterschätzt dabei die wahren Qualitäten dieses feinen Stoffs, mit dem sich phantastische Nähprojekte verwirklichen lassen.
Der Name des textilen Verwandlungskünstlers ist auf die Stadt Tulle in Frankreich zurückzuführen, in der Tüll vor mehr als 200 Jahren zum ersten Mal gewebt wurde. Die wabenförmige Struktur des Netzstoffs entstand durch eine dort entwickelte Webart feiner Garne, bei der die geraden Kettfäden von dazu schräg getriebenen Schussfäden umschlungen werden. Auf diese Weise hat der fertige Stoff eine leichte Dehnbarkeit, die durch die Verwendung von elastischen Fasern noch verstärkt werden kann. Eine Folge dieser damals neuen Fertigungsart war die Tüllspitze, ein nahezu unverzichtbares Detail in der Brautmode und der Lingerie. Tüll kann aus Nylon, Polyester, Polyamid oder Seide bestehen.
Tüllstoff ist ein Multitalent. Sinnvollerweise kauft man ihn gleich als Rollen-Meterware ein. Der individuellen Herstellung von Oberbekleidung, Dessous und Accessoires steht damit nichts mehr im Weg. Als erstes steht auf der To sew-Liste ein Pierrot-Karnevalskostüm für das Kind. Der Anzug soll einen großen Tüllkragen und Tüll-Pompon-Knöpfe haben. Dann hat sich die kleine Ballerina ein rosa Tutu für den Ballettunterricht gewünscht, die Große möchte ein Outfit in Schwarz für das Cosplay-Event und das eigene 50er-Jahre-Outfit benötigt noch einen Petticoat in Pink sowie ein passendes Accessoire mit Schleife als Kopfschmuck. Ach ja, und die beste Freundin heiratet demnächst und braucht noch etwas Blaues. Also wird ein Strumpfband aus blauem Tüll und breitem Gummiband genäht. Für die Deko der Kirchenbänke und die Festtafel werden schon mal Tüllschleifen angefertigt und ein Tischband fehlt auch noch...
Der klassische Mädchentraum ist ein Prinzessinnenkleid (der schöne Prinz auf dem weißen Pferd hat in dieser Phantasie eher eine Nebenrolle). Eingehüllt in eine Wolke aus spitzenbesetztem, weißen Stoff, luftig leicht wie eine Feder, mit langer Schleier-Schleppe, schwebt die Braut zum Altar, während alle Blicke voller Bewunderung auf sie gerichtet sind. In reiner Baumwolle oder Leinen würde die wahre Liebe sicher nicht scheitern, aber die Szene vielleicht nicht derart romantisch anmuten. Um den Traum wahr werden zu lassen, sollte es eine feine Stoff-Kombination sein. Zum Beispiel ein Seiden-Etui-Kleid, mit drapiertem Tüll, der durch sein geringes Eigengewicht federleicht ist, Volumen erzeugt, durchscheinen lässt, was sichtbar werden soll und erahnen lässt, was darunter versteckt ist. Ein Bonbon für den Prinzen!
Der gerade Zuschnitt von Tüll erfordert durch seine Elastizität ein wenig Geschick, ist aber durchaus auch für Nähanfänger kein unmögliches Projekt. Damit der Stoff beim Schneiden nicht verrutscht, sollte man ihn vorher mit Gewichten auf der Arbeitsfläche fixieren. Keine Angst vor dem Saum: Tüll franst durch seine spezielle Struktur nicht aus und kann – aber muss nicht zwingend – gesäumt werden. Die Auswahl der Nähnadel ist abhängig von der Maschenstärke. Je feiner die Maschen, desto feiner sollte auch die Nadel sein.